Online-Gottesdienst für den 18. Juli

Liebe Besucher unserer Homepage, liebe Gemeinde

ich begrüße Sie alle ganz herzlich zu unserem neuen Online-Gottesdienst. Schauen Sie sich dazu das folgende Video an. Heute geht es um das Thema „Abstand halten“.

In diesem Online Gottesdienst geht es um das Thema „Abstand halten“!

Es gibt wohl kaum ein anderes Thema in diesen Tagen bzw. in den letzten 1,5 Jahren, das mehr im Munde geführt wurde als das Thema „Corona“. Und ein alltäglich allzu sichtbares Zeichen dafür ist diese Maske. Ich kann sie abnehmen, da wir hier alle geimpft bzw. getestet sind. Aber neben dem Thema „Maske“ – und wie trage ich sie – , ist das Thema „Abstand“ auch wichtig für Gesundheit und Hygiene in diesen Zeiten. Wussten Sie eigentlich, dass es auch in der Bibel „Gesundheitsempfehlungen“ gibt? Die bekannteste Gesundheitsregel ist meines Erachtens die Sabbat- bzw. Sonntagsruhe: Mensch, ruh dich einfach mal aus – Gott hat sich nach sieben Schaffenstagen auch mal eine Pause gegönnt und willst du mehr und besser sein als Gott?! Und ein weiteres bekanntes Gebot kann man in den Büchern des Moses nachlesen: da steht drin, was man/frau nach jüdischer Tradition essen darf und was nicht, oder anders formuliert was rein und was unrein ist. Aber hätten Sie gedacht auch was über den Ausschlag eines Hauses, also Schimmel in der Bibel zu finden? Und wie man damit umgeht….?
Und es gibt natürlich auch Anweisungen darüber, wie man einen Ausschlag bei einem Menschen zu begutachten hat, denn es könnte sich dabei um Aussatz handeln. Ob jemand Aussatz hat oder nicht, also ob er oder sie unrein war oder nicht, das stellte ein Priester fest. Er war quasi das Gesundheitsamt. Und er gab dann auch die Anweisung: „Halten Sie Abstand zu allen anderen gesunden Menschen, damit sie niemanden anstecken. Rufen Sie laut ‚Aussatz‘, damit sich Ihnen niemand aus Versehen nähert.“ Wie schrecklich muss das für einen Menschen sein. Vor ein paar Tagen noch war alles normal und in Ordnung und nun das?!? Die Haut verändert sich, man wird gedrängt zum Priester zu gehen … trotz der eigenen Angst.
Die Haut verändert sich, man wird gedrängt zum Priester zu gehen…. denn alle anderen haben auch Angst….vor der Ansteckung. Ja, natürlich, es könnte alles sein. Es könnte auch ganz harmlos sein. Aber es konnte eben auch die Krankheit sein, das Übel, vor dem sich alle fürchteten: Aussatz! War es Aussatz, dann würden die Stellen auf der Haut immer mehr und grösser werden. Er würde keinen Schmerz mehr fühlen. Keine Wärme. Keine Kälte. Keine Berührungen. Er würde langsam von der Krankheit aufgefressen werden. Aussatz. Das war ein Todesurteil, das über Jahre vollstreckt wurde. Und das Urteil des Priesters lautete: „Sie haben Aussatz. Sie dürfen sich anderen Menschen nicht nähern. Fortan leben Sie außerhalb des Dorfes. Ihre Familie kann sie mit Abstand mit Lebensmitteln versorgen, aber Sie müssen andere Menschen stets vor sich warnen. Sie erhalten hiermit lebenslängliche Quarantäne…. falls nicht ein Wunder geschieht.“ Quarantäne lebenslänglich. Ab sofort. Er lebte noch. Aber für die anderen in seinem Dorf war er mit diesem Tag gestorben. In diesem Moment war er für alle anderen gestorben, jeder mied ihn, keiner wollte selbst krank werden und damit aussätzig und ausgestoßen aus der Gesellschaft.

Ausgestoßen aus der Gesellschaft? So kamen wir uns alle vor im Jahre 2020, als wir alle zu Hause blieben. Aber viele Menschen hatten Glück, hatten zu Hause noch jemanden, der sie in den Arm nahm. Undenkbar aber für einen mit Aussatz. Die Gesellschaft zu Jesu Zeiten hätte am liebsten die Kranken vergessen, weil sie Angst hatten. Angst… schon wieder dieses Wort….
Warum steckt diese Angst in uns Menschen so tief drin? 
Weil Angst früher wichtig war. Sie schütze uns, zu nahe an den Säbelzahntiger heran zu gehen. Das Problem mit der Angst ist nur ihre Verbündete: die Ratlosigkeit. Was soll man denn machen, wenn plötzlich eine Krankheit da ist und wie eine Welle Wogen schlägt? Das Problem mit der Angst ist ihre Nahrung: das Halbwissen. Angst will von Verhältnismäßigkeiten und von Augenmaß nichts wissen. Gegen vernünftige Argumente scheint die Angst immun zu sein. Da ist etwas nicht Greifbares. Wohl deshalb sind im letzten Jahr viele verrückte Theorien (Verschwörungstheorien) hochgekommen.

Aber zurück zum Thema: „Halten Sie bitte Abstand!“ Das bedeutet, all die Zeit kein Händeschütteln und keine Küsse zur Begrüßung und keine Umarmung. Dabei: Körperliche Nähe hält uns doch sonst gerade gesund. Berührungen stärken das Immunsystem.  Ein Händedruck verrät viel. Schon manche flüchtige Berührung macht das Leben lebenswerter. Eine vertraute Hand zur rechten Zeit gibt Halt in schwierigen Situationen. Ein Arm um die Schulter hilft die Trauer zu ertragen. „Halten Sie bitte Abstand!“, rief er und vermisste die Umarmung seiner Frau.  „Abstand halten, ich bin unrein.“ Er hatte kein Gefühl mehr in seinen Händen und Füßen. Er wusste, das Absterben des Körpers immer weiter gehen würde, wenn nicht ein Wunder geschehen würde. „Abstand halten.“ Da vorne am vertrauten Stein, da stand sie, mit einem Korb in der Hand. Sie legt das Brot heraus und ein paar Früchte. Sie winkt. Er kommt langsam näher – vorsichtig, er sehnt sich nach ihr, will sie umarmen und küssen, …. Aber er will sie auch gleichzeitig nicht anstecken. Er darf es nicht! Er sieht noch die Tränen in den Augen seiner Frau, bevor sie sich umwendet und wegrennt. Sie hält Abstand. Sie ist sein Engel – auch aus der Ferne. Seufzend nimmt der Kranke das Essen auf. Die anderen Aussätzigen nähern sich ihm und er gibt ihnen ab von seinem Mahl. Wenigstens die Gemeinschaft unter den Kranken haben sie noch, abgesehen von der Tatsache, dass sich jeder lieber in seinem Leid und seinen Schmerzen zurückzieht. Ein bisschen Menschlichkeit noch, bevor der Nächste von ihnen wieder stirbt –  an dieser unsagbaren Krankheit. Einer sagt: Da ist ein Mann unterwegs. Er heißt, Jesus aus Nazareth, er heilt Kranke und weckt sogar Tote auf. „So ein Blödsinn!“, kam da als Antwort, „dann könnte er uns auch heilen. Aber uns kann niemand retten.“ Und so fingen sie an sich zu streiten, was möglich wäre und was nicht, was der richtige Weg wäre und warum alle immer das Falsche machen, Sie stritten sich, ob Rettung vor dem Tod, Heilung der Krankheit oder sogar deren Vermeidung möglich wäre. Sie stritten sich und gingen dann auseinander – jeder für sich allein zur Nachtruhe. Doch die Gedanken des vor kurzem erst Erkrankten kreisten weiter. Was wäre, wenn Heilung wirklich möglich wäre. Das wäre wunderbar. Ja, er würde es ausprobieren, wenn ihm jemand die Chance schenken würde wieder gesund zu werden, wieder mehr Kontakt zu haben und das Leben zu spüren. Er würde alles dafür machen! Schade, dass es damals keine Impfungen und Test gab, aber es gab jemanden, er hätte es bestimmt getan. Aber er musste warten auf ein Wunder…
Am nächsten Morgen ging in der Nähe seines Nachtlagers eine kleine Gruppe von Menschen kam vorbei und einer sagte: „Meister, Jesus, schau Aussätzige. Lasst uns einen größeren Bogen gehen.“ Jesus?! Etwa der, von dem er erst gestern Abend gehört hatte?

Markus 1,40-44
Da erhob sich der Aussätzige und kam zu Jesus hin. Er fiel auf die Knie  und bat ihn: Wenn du willst, kannst du mich rein machen. Er vertraute darauf, dass er dem richtigen Menschen nun begegnen würde. Jemand, der die Macht hatte das Unmögliche möglich zu machen. 
41 Und Jesus? Er fühlte Mitleid, streckte seine Hand aus und berührte ihn, und er sagt zu ihm: Ich will es, sei rein! Nur diese Worte: Ich will es, sei rein!? Das soll alles sein? So schnell, kann das denn richtig sein? Der Mann schaut an sich herunter und sah… 42 der Aussatz wich unverzüglich von ihm, und er wurde rein…… Er wurde gesund ganz ohne Nebenwirkungen und so schnell. Unglaublich. Er will am liebsten seine Freude, seine Verwunderung laut herausbrüllen und zu den anderen Kranken laufen und vor allen Dingen zu seiner Familie. Er will…aber……… 43 Jesus fuhr ihn an: „Sag jetzt niemanden was.“ Und er schickte den Geheilten weg zu den Priestern: 44 „Geh, zeig dich dem Priester, und bring für deine Reinigung dar, was Mose angeordnet hat – das soll ihnen ein Beweis sein. 45 Und der Mann ging weg. Er zeigt sich den Priestern, die sich wunderten und ihrer Vernunft, ihren Augen nicht trauten. Ein Wunder! Das kann nicht sein! Das ist Lüge, aber es war wahr. Und der Geheilte? Er fing an, es überall kundzutun und die Sache bekannt zu machen, so dass Jesus sich kaum mehr in einer Stadt sehen lassen konnte. Überall, wo er war, bildeten sich Schlangen von Menschen, die auch auf ein Wunder hofften. Auch draußen an abgelegenen Orten kamen sie zu ihm von überall her.

Liebe Zuschauer!

Was ist da passiert? Jesus zeigte Mitleid und Menschlichkeit. Er berührte den anderen mit der Hand. Das ist unvernünftig. Er könnte sich anstecken. Das ist ungeheuerlich. Es ist gegen alle geltenden Regeln. Das ist unglaublich. Doch durch Jesu Mitleid wird er wieder Mensch. Durch die Berührung kommt er aus der Isolation heraus. Ohne Berührungen hätte kein Patient die Intensivstation verlassen. Jesus berührt den anderen mit der Hand und mit den Worten: Ich will es, sei rein! Was für Menschen unmöglich ist, ist bei Gott möglich. Eine Geste, ein Wort das heilt. Verbundensein durch ein Telefonat. Ein tröstendes Wort per Brief schicken. Das rettet, das tut gut. Heil, Heilung nicht nur für mich, sondern auch für andere Menschen. Eine Spritze nicht nur für Europa oder „Amerika first“, sondern auch für die ärmeren Länder – das ist Menschlichkeit, wie Jesus sie wollte. Eine Geste und ein Wort zusammen, das heilt. Worte allein, Diskussionen allein, führen nicht immer zum Ziel. Darum sollten wir aufstehen, wie der kranke Mann und auf die Chance zugehen, die ihm da entgegenkommt. Er nutzt den richtigen Moment, er versteht und wird gesund und so rennt er zurück zu seiner Frau, die dieses Mal Tränen der Freude weint. Amen.

Tschüß nächster Online-Godi am: 22. August
Ihre Pfarrerin Christiane Fiebig-Mertin