für ein anderes Selbstverständnis als Kirche
Die Evangelische Kirche im Rheinland soll sich vom Selbstverständnis als Volkskirche verabschieden und neu definieren, so ein zentrales Anliegen des Impulspapiers Lobbyistin der GOTT-Offenheit des Ständigen Theologischen Ausschusses – als Anregung zur weiteren Diskussion in Kirchengemeinden und Kirchenkreisen sowie mit den ökumenischen Partnern. Es plädiert dafür, das Minderheitskirche-Werden als theologische Aufgabe anzunehmen und die Suche nach leitenden Bildern, Begriffen und Metaphern zu beginnen.
Drei Leitbilder werden vorgeschlagen. Es versteht Kirche als parteiliche Aktivistin für einen offenen Himmel, also für die neugierige Frage nach Gott, für Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Die Teamplayerin sieht Kirche als Bündnispartnerin, um ihrer Botschaft Gehör zu verschaffen. Das gilt für andere Religionsgemeinschaften wie auch für andere zivilgesellschaftliche Akteure. Die Agentin des Wandels schließlich steht für eine Kirche, die als Alternative zum aktuellen Wachstumsethos eine Ethik des Genug entwickelt, Motor für regionale Nachhaltigkeitsinitiativen wird und dabei auch selbst verbindliche Maßnahmen der Klimagerechtigkeit umsetzt. „Die Relevanz von Kirche liegt nicht in möglicher Dominanz, sondern in ihrem auf Dauer unverzichtbaren Beitrag zum Ganzen“, heißt es in dem Papier. Im Mittelpunkt der Überlegungen stehen das öffentliche Reden und das öffentliche Handeln der Kirche. Beschrieben werden vier Dimensionen öffentlichen Redens (pastoral, diskursiv, politikberatend und prophetisch) als gesellschaftlicher Beitrag der Kirche. Widersprochen wird, zumindest teilweise, dem gerade in der Corona-Krise lautgewordenen Vorwurf, die Kirche sei nicht wahrnehmbar und lasse Menschen allein. Oft werde ein Schweigen beklagt, auch wenn sich örtliche und regionale Amtsträger/innen und Einzelpersonen prominent öffentlich äußern, eben evangelisch: vielstimmig und dezentral.
Mit zurückgehenden Ressourcen stelle sich verstärkt die Frage nach Professionalität und Qualität. Diese Frage müsse behandelt werden, ohne Menschen zu beschämen, aber auch, ohne alles immer als gleich gut zu bezeichnen. Die Kirche müsse auch bereit sein, darüber zu diskutieren, in welcher Weise sie staatliche oder städtische Unterstützungsgelder mit anderen Religionsgemeinschaften teilen könne, und ihr Steuerprivileg und die Staatsleistungen zur Debatte stellen. Ein Ziel könne sein, weniger abhängig von politischer Macht und prägenden gesellschaftlichen Gruppen zu sein und sich eher als unabhängiges Gegenüber zu verstehen.
Quelle: www.ekir.info, Nr. 1-2021