Online Gottesdienst zum 1. Advent

Sehen Sie hier den Online Gottesdienst zum 1. Advent vom 29. November

EingangsspruchFröhlich und voller Erwartung begrüßt uns der erste Advent mit den Worten aus Sach 9,9b: „Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn!“ Mit diesem Wochenspruch begrüßen wir das neue Kirchenjahr und beten: 

Gebet: Du sehnlich erwarteter Gott – unerwartet kommst du und so anders, als wir meinen. Doch du kommst! Darauf kommt es an und darauf können wir uns verlassen. Und eben darum bitten wir dich: Erhalte uns diese Zuversicht auch in schweren Zeiten in einer unberechenbaren Welt. Hilf uns, Tritt und Halt zu finden auf guten Wegen.

Liebe Gemeinde!

Haben Sie ihn schon bei sich zu Hause? Festlich geschmückt oder eher schlicht? Selbst gestaltet oder fertig gekauft? Ich meine den Adventskranz – mit einer Kerze oder mit vier Kerzen? 

Die Kerzen am Adventskranz verkürzen die Zeit ab Adventsbeginn bis zum Heiligen Abend. An jedem Sonntag wird ein Licht mehr auf dem Kranz angezündet und symbolisiert damit die steigende Vorfreude auf die Geburt von Jesus Christus. 

Die Idee hinter dem ersten Adventskranz stammt von Johann Hinrich Wichern, einem Theologen und Erzieher aus Hamburg. Er entwarf zur Freude für Kinder, die er von der Straße in das Rauhen Haus  geholt hatte, einen Adventskranz mit vier großen und 20 kleinen Kerzen auf einem Rad. Während der Betreuungszeit im Rauhen Haus in Hamburg konnten sie alle nun gemeinsam die Tage bis zum Heiligabend abzählen und sich auf den Heiligabend freuen.

Der Adventskranz in unserer Martin-Luther-Kirche hat in den letzten Jahren auch diese 24 Kerzen getragen, allerdings in einer länglichen Form, damit man alle Lichter auch gut sehen kann, wenn man im Kirchenschiff sitzt. Dieses Jahr halten wir es wieder anders und werden einen runden haben. Auch in diesem Jahr warten wir auf die Ankunft des Herrn und freuen uns auf sein Kommen in einer etwas anderen Zeit.

Und so höre ich den Text aus Sacharja 9, 9+10: 
9 Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.
10 Denn ich will die Wagen vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde.

Liebe Gemeinde!

Dieser Text ist zu einer Zeit von dem Propheten Sacharja in Israel geschrieben worden, als Alexander der Große mit seinen Siegeszug die Welt in Atem hielt – auf dem Rücken seines Pferdes. Heutzutage scheint man Kriege eher mit Geld und Strategien zu gewinnen.
Heute hält ein Virus uns in Atem. Heute haben die Menschen Angst davor von einer fremden Macht – wie Corona bezwungen zu werden. Auch damals hatten die Menschen Angst, Angst vor dem fremden Alexander. Der Prophet Sacharja spürte die um sich greifende Angst vor der fremden Macht. Sacharjas Aufgabe war es, zu trösten und zu ermutigen, darum sagt er den Menschen: Habt keine Angst! Gott wird der sein, der unterwirft und siegt. 
Ich betrachte auf der einen Seite Alexander den Großen, der so oft mit seinem gewaltigen Kriegspferd abgebildet wurde und auf der anderen Seite unseren Herrn Jesus, der auf einem Esel in Jerusalem einreitet und höre noch einmal die Worte aus dem Alten Testament:

 9 Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin. 

Liebe Gemeinde!

Was ist das für eine Verheißung des Propheten Sacharja?! Jemand reitet in Jerusalem auf einen Esel ein. Geschieht das nicht jeden Tag, wenn Händler in die Stadt kommen? Und ein König auf einem Esel? Welch ein Unsinn! 
Oder… endlich mal einer, der nicht auf einem „hohem Ross“, sondern kommt auf dem „Esels“-Rücken daherkommt.  Unbewaffnet sitzt der König auf dem Tier, ungeschützt. Ein König? Einer, der ohne Rüstung, Schild und Schwert daherkommt, das ist doch kein „Herr der Heerscharen“. Ein Esel kann sich doch nicht den Pferden und Wagen der Kriegsleute vergleichen oder sich ihnen entgegenstellen! Aber käme da nicht endlich einmal ‚der Richtige‘ an die Macht.  Und wäre damit nicht allen geholfen, auch damals im 4. vorchristlichen Jahrhundert. Jerusalem war damals von außen mindestens genauso bedroht wie heute.  Der Prophet zählt Nachbarvölker auf, die Israel am liebsten wieder von der Landkarte gestrichen und die Juden ins Meer getrieben hätten. Was konnte da ein König ausrichten, der anscheinend seinen Stolz dareinsetzte, auf moderne Rüstung zu verzichten? War er nicht von vornherein unterlegen? Konnte das der Richtige sein? War von ihm Hilfe zu erhoffen? Und wann kommt er?
Aber dann spielte sich ein paar Jahrhunderte nach Sacharja in Jerusalem eine denkwürdige Szene ab: das Passah-Fest stand bevor; die Stadt war von Pilgern überfüllt. Da ritt, von einem Pulk von Anhängern begleitet, Jesus auf einem Esel in die Stadt. Diesen Esel hatte er erst kurz zuvor eigens für diesen Einritt gemietet. Manchem Zuschauer mag gedämmert haben, was er damit sagen wollte: Zion freue Dich! Dein König kommt zu dir. 
Laut Johannes wurden am Straßenrand Stimmen laut, die riefen: Das ist „der König von Israel“ (12,13) (Schauen Sie sich dazu auch mal das Video von Palmsonntag an!) Aber dieser König hatte nicht im Sinn, einen Staat gegen Feinde zu verteidigen. Dazu hätte er anders auftrumpfen müssen. In Jesus, dem Wanderprediger sehen die Menschen am Straßenrand „den, der da kommt im Namen des Herrn“ und rufen ihm ihr Hosianna zu: Hilf doch! Jesu Ziel war es, den Konflikt zwischen Gott und den Menschen beizulegen. Dazu stellte er alle eigenen Ansprüche zurück und fügte sich vorbehaltlos in Gottes Vorhaben ein. Ein König kommt, der nicht andere auf die Schlachtbank des Krieges führt, sondern der selbst sich opfert. Er nimmt alles Leid auf sich. Die biblische Vorstellung vom ersehnten Retter zwingt beharrlich zum Umdenken. Die Kriegsbögen sollen zerbrochen werden, aber nicht mit Gewalt. 
Befreiung soll kommen, aber nicht im Kampf, sondern durch das Wort von der Liebe Gottes, das gehört wird und von der Tat, die diese Liebe weitergibt von Mensch zu Mensch. Das Wort der Liebe – Jesus – wird in die Stadt getragen von einem Esel.
Ein Esel trägt die Rettung der Welt. 
Ein Esel, über die wir zuweilen stöhnen, weil sie mit ihrem Geschrei nerven.
Esel, die stehen bleiben, wenn sie meinen, dass der Weg nicht sicher ist. 
Esel, mit denen man keinen Staat machen kann.
Esel, denen wir lieber aus dem Weg gehen, weil sie auch mal heftig austreten können.
Esel, die das neugeborene Gotteskind vor der Massentötung in Sicherheit bringen.
Esel, die stur und unerbittlich ihren Weg gehen und steif stehen bleiben.

Vielleicht bin ich ja auch ein sturer Esel, weil ich sage, dass sich bitte alle an die AHA-Regeln (Abstand – Hygiene – Alltagsmasken) halten sollen, damit diese Welt wieder gesundet. Aber nach allem, was bisher gesagt ist, dürfte klar sein, dass es nun alles andere als eine Beleidigung ist, wenn ich Sie bitte, darüber nachzudenken, welche wunderbaren beharrlichen „Esel“ es denn in Ihrer und eurer Umgebung so gibt. Oder welche ihnen so in den Sinn kommen oder wann sie selbst mal zu einem Esel werden.
Mir kommt eine junge Schwedin in den Sinn, die stur und unerbittlich in den letzten Monaten darauf aufmerksam gemacht hat, wie sehr wir dabei sind, die Welt zu zerstören und damit nicht zuletzt Kriege heraufbeschwören. Viele hat sie aufgerüttelt, von vielen ist sie angegriffen worden. Ein junges Mädchen. Mit ihr ist kein Staat zu machen, doch ihre Worte werden gehört, ihre Beharrlichkeit beeindruckt.
Aber noch heute versuchen die „Alexanders“ der Welt, Länder und Macht zu erbeuten und in ihren Besitz zu nehmen. Nur, dass statt Pferd und Schwert jetzt Panzer, Bomben und Raketen die Städte verwüsten. So viele müssen fliehen, weil sie alles verloren haben, andere, weil ihr Boden nichts mehr hergibt zum Leben. Und sie stranden an den Grenzen Europas.
Welcher Esel wird es wagen, das Bild des Friedenskönigs wieder wach werden zu lassen und uns daran erinnern, dass der Frieden nicht mit Krieg zu gewinnen ist?
Ob das eine gute Adventsübung sein könnte: Gott immer wieder darum zu bitten, dass das Bild vom Friedenskönig auf dem Esel in uns lebendig wird und sich Raum schafft: Raum in uns und Raum durch uns – für unser Leben, für unser Miteinander und für eine Welt, in der die Grenzen sich wieder öffnen, in der eine Krise das Miteinander fördert und nicht das Gegeneinander schürt? Mir gefällt die Idee. Ach, möge es uns doch gelingen, den Friedenskönig in als Wandergenossen willkommen zu heißen – und seinen Esel auch! Damit uns allen jeden Tag mehr ein Licht aufgeht, wie auf dem Adventskranz egal ob mit einer, vier oder 24 Kerzen. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

FürbittengebetKomm zu uns, guter Gott, komm zu uns aufs Neue, denn wir brauchen dich in dieser Welt, die wir nicht mehr verstehen. Komm in unsere Herzen, dass wir eine Chance haben, dich zu erkennen und lernen, deinem Willen zu entsprechen. Komm zu allen, die deine Hilfe brauchen. Öffne auch unsere Augen und Hände, anderen zu helfen. Komm zu denen, die Krieg, Hunger oder die fehlende Aussicht auf ein menschenwürdiges Leben in die Flucht treiben. Lass sie den Mut nicht verlieren. Komm zu deinen Menschen, die um ihre Gesundheit bangen, die Angst um ihr Leben und vor dem Sterben haben. Sei nahe und hole sie sanft zu dir.