Prinzipalstücke

Prinzipalien nennt man im Kirchenbau die „ersten“ oder „vornehmsten“ Einrichtungsteile für die liturgische Nutzung. In der Martin-Luther-Kirche haben wir drei Prinzipalien: Altar, Kanzel, Taufstein.

Menschen bauten Altäre schon immer an Orten, an denen nach ihrer Überzeugung Gott anwesend war. Z.B. gab es im Judentum zu Zeiten des Alten Testaments Brandopferaltäre. Das hebräische Wort misbeach für Altar stammt von dem Wort für „verbrennen“ ab. Das deutsche Wort „Altar“ wiederum kommt vom lateinischen adolere, was ebenfalls „verbrennen“ bedeutet. Auch im Christentum entstand eine Theologie, die das Abendmahl als ein Opfer deutete, das Christus am Kreuz vollbrachte, um die Menschen mit Gott zu versöhnen. 

Altäre können – wie bei uns – aus einem steinernen Block bestehen, die an antike Kult- und Opferstätten erinnern, sie können aber auch als schlichte Tische gestaltet sein oder als Hochaltäre daherkommen, die mit Bildern geschmückt sind. Vor allem in katholischen Kirchen haben Altäre manchmal auch gläserne Reliquienschreine, in denen Überreste der Gebeine, Asche oder Kleider von Heiligen aufbewahrt werden.

Der Altar steht meistens im vorderen Teil der Kirche, so dass sich alle Blicke auf ihn richten. In Gottesdiensten werden die wichtigen Gebete und Segnungen am Altar gesprochen. In den meisten evangelischen Kirchen liegt – wie bei uns in der Martin-Luther-Kirche – eine aufgeschlagene Bibel auf dem Altar, da das Wort Gottes im Zentrum des Gottesdienstes steht. Mancherorts schmücken Blumen immer oder nur zu bestimmten Zeiten den Altar bzw. Altarraum. Der Altar ist der Tisch Gottes, um den die Menschen sich versammeln, z.B. beim Abendmahl, dann stehen Brot und Wein auf ihm. Außerdem wird er oft mit Kerzen geschmückt und in manchen Gemeinden sieht man auch ein Antependium vor dem Altar (s. Beispiel).

Bei uns findet man das Antependium allerdings vor der Kanzel. Gibt man den Begriff „Kanzel“ im Computer ein, dann liest man: „Kanzel (v. lat.: cancelli Einzäunung, aus cancer Gitter) bezeichnet:

  • Kanzel, Predigtkanzel
  • Wildkanzel, in der Jägersprache veraltet für Hochsitz
  • Pilotenkanzel, im Flugwesen veraltet für Cockpit
  • Kanzel, im Schul- und Universitätswesen veraltet für das Katheder oder Pult
  • Kanzel, seitlich ausgeweiteter Bereich einer Brücke“

Die Kanzel liegt etwas oder sehr erhöht und kann über eine Stufe oder Treppe betreten werden. Von dort aus kann der Pfarrer oder die Pfarrerin die Predigt halten und wird von allen Gottesdienstbesuchern gut gehört und gesehen während er oder sie über eine Geschichte oder einem Text aus der Bibel predigt.

Durch die Reformation wuchs die Bedeutung der Predigt, darum wurden in vielen Kirchen Kanzeln angeschafft. In evangelischen Kirchen, die in der Barockzeit errichtet wurden, fand vielfach ein Kanzelaltar Einzug: Die Kanzel ist über dem Altar an der inneren Stirnwand der Kirche angebracht.

Wo genau die Kanzel sich im Kirchraum befindet wird aus theologischen, akustischen, optischen, aber auch künstlerischen Gründen festgelegt.

Altar und Kanzel der Martin-Luther-Kirche Rheindahlen waren bei der Einweihung des Gemeindezentrums im Jahre 1983 aus dem alten Gemeindesaal an der Mennrather Straße übernommen worden. Bis 1991 diente ein schmiedeeiserner Blumenständer, auf den die Taufschale aufgelegt war, als Taufbecken, ihm folgte das Meisterstück von Sebastian Gnotke, das nun in der Martin-Luther-Kirche steht.

Dieser neue Taufstein passt sich in Form und Material sehr gut an die bereits vorhandenen Prinzipalstücke an und bietet immer noch Platz für die alte Taufschale. Die acht Ecken unseres Taufsteines erinnern an die acht Menschen (Noah, seine Söhne Sem, Ham und Japhet und ihre Frauen), die die Sintflut in der Arche Noah überlebten und stehen für einen Neuanfang. 

Wer getauft ist, fängt ein neues Leben an. Die Taufe ist das Sakrament des Neubeginns und des Lebens schlechthin! Durch sie trägt Gott uns weg aus dem Reich des Dunkels, des Durcheinanders und des Todes hinein in sein Licht. Ein Zeichen dafür ist, dass wir bei der Taufe mit Wasser übergossen werden. Die frühen Christen wurden sogar untergetaucht.

Erst seit dem 4. Jahrhundert war die Taufe durch Übergießen des im Wasser stehenden Täuflings vorherrschend, wie es Darstellungen aus Spätantike und Frühmittelalter belegen. Die orthodoxen Kirchen kennen bis heute die Taufe von Kindern und Erwachsenen durch das Untertauchen des ganzen Körpers.

Doch egal wie getauft wird, die Worte Jesu: „Ich bin bei euch alle Tage“ hören alle Täuflinge und diese Worte liest man in der alten Taufschale auf unserem neueren Taufstein.

Pfarrerin Christiane Fiebig-Mertin