Als unsere Martin-Luther Kirche gebaut wurde, war der Kirchturm aus finanziellen Gründen aus dem Gesamtprojekt ausgeklammert worden. Die Finanzmittel reichten dafür nicht. Das Geld für Turm und Glocken musste nun in der Folgezeit gesammelt und angespart werden. Zusätzlich stellte sich bei der weiteren Planung heraus, dass der Kirchturm in der vorgesehenen Bauweise aus statischen Gründen keine Glocken würde tragen können, da der Turm für das Schwingen der Glocken nicht geeignet war. Daraufhin wurde beschlossen, den Turm nunmehr nur als Kreuzträger zu planen und später separat einen Glockenträger für die Aufnahme der Glocken zu bauen. Am 30. September 1985 wurde endlich verwirklicht, worauf die Gemeinde so lange gewartet hatte: der Kreuzträger, 24m Lang, 50 t schwer, wurde von einem Ungetüm von Kran aufgerichtet. Der Fuß der dreiseitigen Säule wurde 1,15 m tief in den Boden versenkt. Einige Tage später wurden die drei je 5,50 m hohen Kreuze angebracht.
Nun war also auch ein Kirchturm als Betonung des Gemeindezentrums als Sakralvorbau vorhanden. Blieb noch der Wunsch nach einem Glockenträger mit Glocken.
Drei Glocken sollte das Geläut haben und nachdem 30.000 DM für den Kauf der Glocken vorhanden waren, wurden diese bei der Glockengießerei bestellt, und am 15. September 1989 fertiggestellt. Sie wurden Glaube, Hoffnung und Liebe genannt. Als Zeichen der ökumenischen Zusammenarbeit in Rheindahlen sind die neuen Glocken auf den Klang der Glocken der katholischen St. Helena Kirche abgestimmt. Der Guss der drei Glocken erfolgte im Übrigen bei der Glockengieße- rei, die auch die Glocken der Gedächtniskirche in Berlin gegos- sen hat. Am 5. November 1989 wurden sie in einem Gottesdienst der Gemeinde vorgestellt und bis zur Fertigstellung des Glockenträgers im Foyer aufgestellt. Im März 1990 konnten die Glocken schließlich aufgehängt und eingeweiht werden. Lange haמּe die Gemeinde auf diesen Tag gewartet und der Dank galt allen, die durch ihre Gaben zur Fertigstellung beigetragen hatten.
Quelle: „Die evangelischen Christen in Rheindahlen bauen ein Gemeindezentrum“; von Helga Bauer und Horst Höhnke
Mit diesen Worten haben Helga Bauer und Horst Höhnke wunderbar beschrieben, wie die Ev. Kirchengemeinde Rheindahlen zu ihrem Glockenturm bzw. ihren Glocken gekommen ist.
Kirchenglocken sind vorrangig gottesdienstliche Instrumente. Sie stehen im Dienst der Verkündigung des Evangeliums, rufen zum Gottesdienst, mahnen zum Gebet und begleiten das Beten. Die Glocken der Kirchengemeinde verkünden die Ehre Gottes. Sie künden Zeit und Stunde und erinnern daran, dass unsere Zeit in Gottes Händen steht. Sie sind Zuspruch des Evangeliums und behaupten den Herrschaftsanspruch Jesu Christi auf unser ganzes Leben und den Alltag der Welt. Von alters her hat die christliche Gemeinde ihre Glocken in ihre Lebenszusammenhänge gestellt und dies in Glockeninschrften zum Ausdruck gebracht. Die Namen der Glocken der Martin-Luther-Kirche beziehen sich auf das Ende des Hohenliedes der Liebe im Neuem Tes- tament. In 1. Korinther 13,13 heißt es: „Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen!“
Und Sie ahnen es richtig, die Glocke mit dem Namen Liebe ist bei uns die größte. Durch ihre Größe klingt sie am dunkelsten von den drei Glocken und wird darum bei Trauerfeiern alleine geläutet. In Liebe verabschieden wir uns von unseren Lieben, um sie in die liebevollen Hände Gottes zu übergeben.
Am Karfreitag und am Ewigkeitssonntag hört man die Glocke Liebe zusammen mit der mittelgroßen Glocke Hoffnung läuten, denn trotz aller Trauer, die an diesen Tagen in uns aufsteigt, haben wir immer wieder die Hoffnung auf die Auferstehung.
Am Buß- und Bettag und bei Andachten hört man die schwere Glocke Liebe zusammen mit der kleinen Glocke Glaube läuten. Im Lukasevangelium heißt es: „Wenn ihr Glauben habt, der nur so groß ist wie ein kleines Senfkorn, so würdet ihr zu diesem Maulbeer-Feigenbaum sagen: ‚Werde entwurzelt und ins Meer gepflanzt!’ und er würde euch gehorchen.“ (Lk 17,5–6)
Ein Glaube, der nur so groß ist wie ein Senfkorn, bedeutet aber immer noch, dass man eine feste Zuversicht hat auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht (Hebr 11,1).
Die kleine Glocke Glaube und die miמּlere Glocke Hoffnung hören wir z. B. bei Schulgottesdiensten. Und ganz besonders schön ist das volle Geläut, wenn also alle drei Glocken zusammen klingen, wobei die kleine zuerst ertönen darf und die größte als letztes angeschlagen wird. Dieses volle Geläut gibt es z. B. am Samstag, wenn der Sonntag eingeläutet wird, am Sonntag zu den Hauptgottesdiensten und natürlich bei Hochzeiten. Doch am schönsten ist immer noch, wenn das Geläut von St. Helena und der Martin-Luther-Kirche in ökumenischer Eintracht zusammen erklingen.
Wann welche Glocke zu hören ist, regelt die sogenannte Läuteordnung. In der Regel gibt sich die Kirchengemeinde selbst eine Läuteordnung. Dazu kann sie einen Glockensachverständigen oder -beauftragten hinzuziehen. Der oder die Vorsitzende des Presbyteriums kann das Läuten der Glocken zu besonderen Anlässen (wie z. B. in diesem Coronajahr) gemeinsam mit einer Kirchmeisterin oder einem Kirchmeister anordnen.
Also hören Sie genau hin, wenn unsere Glocken läuten. Und versuchen Sie mal am Klang zu erkennen, zu welchem Gottesdienst sie rufen.
Viel Freude dabei!
Ihre Pfarrerin Christiane Fiebig-Mertin