Der Posaunenengel unserer Martin-Luther-Kirche

Liebe Gemeindeglieder,

in der Advents-und Weihnachtszeit möchte ich Ihnen auf Bitten von Pfarrerin Fiebig-Mertin gerne etwas über unseren Posaunenengel erzählen, der den Glockenturm unserer Martin-Luther-Kirche schmückt und alle begrüßt, die in unsere Kirche kommen.

Es war für uns alle damals ein nicht ganz einfacher Weg, bis am 13. März 2005 der Posaunenengel feierlich eingeweiht werden konnte – aber davon später.

Die junge Diplomdesignerin Corinna Greven aus unserer Gemeinde hatte dem Presbyterium den Entwurf für einen Posaunenengel vorgelegt, der am 21. Januar 2002 einstimmig angenommen wurde und anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Martin-Luther-Kirche im Rahmen des für den 5. Oktober 2003 terminierten Gemeindefestes eingeweiht werden sollte.

Aber leider hatten wir unsere Rechnung ohne das Landeskirchliche Bauamt gemacht: es lehnte den Entwurf nämlich ab. Daraufhin kamen Vertreter des Landeskirchlichen Bauausschusses am 4. Juli 2002 in unsere Gemeinde, um mit dem Presbyterium und der Künstlerin zu sprechen. Man meinte, ein solcher Posaunenengel würde nicht zu einem modernen Kirchenbau passen und riet dazu, den Entwurf noch einmal zu überdenken. Unser Presbyterium wollte jedoch den seiner Meinung nach hervorragenden Entwurf des Posaunenengels dennoch zur Ausführung kommen lassen und stellte die Berechtigung des landeskirchlichen Ausschusses infrage, dem Presbyterium in eindeutigen Geschmacksfragen Vorschriften zu machen.

Unser Posaunenchor schickte dann einen Protestbrief an den damaligen Präses der Rheinischen Kirche, Präses Kock. Daraufhin fand am 4. Oktober 2002 ein Gespräch zwischen dem zuständigen Landeskirchenrat, dem damaligen Superintendenten Schenck, der amtierenden Landeskirchenbaudirektorin und Vertretern unserer Gemeinde statt. Aufgrund dieser Begegnung wurde Frau Greven gebeten, dem Presbyterium modifizierte Modellentwürfe für einen Posaunenengel vorzulegen, einen Entwurf auszuwählen und dem landeskirchlichen Bauamt erneut zur Genehmigung vorzulegen. Aber leider war alles ohne Erfolg, sodass die für den 5. Oktober 2003 im Rahmen des Gemeindefestes geplante Einweihung nicht stattfinden konnte.

Ich will diese unendliche Geschichte nicht weiterführen und will diesen Vorgang auch nicht kommentieren. Nur so viel: Die Einweihung des Posaunenengels – und zwar des vom Presbyterium als gut befundenen Entwurfs – erfolgte dann fast zwei Jahre später in einem Festgottesdienst am 13. März 2005, aber nicht, wie von uns ursprünglich geplant, auf unserer Kirche, sondern um eine Genehmigung zu erhalten, auf dem Glockenturm.

Da fällt mir nur das Wort aus 1. Mose 50,20 ein, das Joseph zu seinen Brüdern spricht: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen“. Es war dann auch gut, wovon ich weiter berichten kann, nämlich von einem wunderbaren musikalischen Festgottesdienst mit dem Chor der Engel von Franz Schubert und der Einweihung unseres Posaunenengels durch unseren Presbyter Horst Höhnke, der in diesem Gottesdienst auch aus seinem jahrzehntelangen Presbyteramt feierlich verabschiedet wurde. Horst Höhnke sprach folgendes Gebet:

Allmächtiger, ewiger Gott. Du hast Dich uns in deinem heiligen Wort offenbart und uns als deiner Gemeinde den Auftrag gegeben, dein Evangelium, die Frohe Botschaft, allen Menschen zu verkündigen. Lass den Posaunenengel, den wir heute auf unserem Glockenturm einweihen, allezeit für unsere Gemeinde ein Zeichen dafür sein und uns daran erinnern, dass wir niemals aufhören, aus deinem Wort zu leben und dein froh und frei machendes Evangelium an die Menschen weiterzugeben in Wort und Tat. Amen.

Dann weihte Herr Höhnke den Posaunenengel mit den folgenden Worten ein: „So sei denn unser Posaunenengel dem Dienst Gottes und seiner Gemeinde geweiht. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch einmal die Predigt über Offenbarung 14,6 in Erinnerung rufen, die ich bei der Einweihung des Posaunengels am 13. März 2005 gehalten habe, weil sie uns allen noch einmal seine künstlerisch überzeugende Gestaltung und seine theologische Bedeutung vor Augen führt, sodass unsere ganze Gemeinde niemals mehr vergisst, was es mit dem Posaunengel auf dem Glockenturm der Martin-Luther-Kirche Rheindahlen auf sich hat:

„Und ich sah einen andern Engel fliegen miמּen durch den Himmel, der hatte ein ewiges Evangelium zu verkündigen denen, die auf Erden wohnen, allen Nationen und Stämmen und Sprachen und Völkern“. Offenbarung 14,6

Mit diesem Bibelwort wird der Posaunenengel auf dem Glockenturm der Martin-Luther-Kirche Rheindahlen eingeweiht. Engel spielen in der Bibel eine große Rolle: Es sind Boten Gottes, die den Menschen ankündigen, was nach dem Willen Gottes geschehen soll, es sind aber auch helfende und schützende Gestalten himmlischen Ursprungs, die den Menschen ein Gefühl der Geborgenheit geben. Gott sendet zu uns Engel als Boten seiner Liebe.

Der Posaunenengel ist ein Symbol für die selbstlose Liebe Gottes, die aus dem Evangelium kommt und allen Menschen gilt. Sie soll allen Menschen, die auf Erden wohnen, verkündigt werden – dafür ist dem Engel eine Posaune in die Hand gegeben als Symbol der Verkündigung.

Da ist kein Mensch ausgenommen von der Verkündigung der Liebe Goמּes; sie gilt vielmehr allen Nationen und Stämmen und Sprachen und Völkern. Das Evangelium ist eben universal. Es gilt für alle. Es schließt keinen aus. Die schön gestalteten großen Flügel des Engels erinnern daran, dass dieser Engel, der das Evangelium verkündigt, mitten durch den Himmel fliegt, d. h. durch das ganze Universum.

Das Evangelium gilt also nicht nur unserem kleinen Planeten, der Erde, sondern es ist auch in DEM Sinne des Wortes universal, als es für das ganze Universum mit seinen ungezählten Sonnensystemen und unermesslichen Entfernungen und Weiten gilt. Gottes Evangelium ist niemals durch Raum und Zeit eingegrenzt, es wirkt nicht nur global – auf den ganzen Erdball bezogen – sondern vielmehr auch universal, im ganzen Universum. Diese universale, unbegrenzte Weite des Evangeli- ums symbolisieren die künstlerisch so ausdrucksstark geformten Flügel des Posaunenengels.

Das Evangelium ist aber nicht nur unabhängig von räumlicher Begrenzung, sondern auch unabhängig von Raum UND Zeit.

Die menschlichen Vorstellungskategorien von Raum und Zeit werden durch das ewige Evangelium radikal gesprengt, denn so, wie es räumlich universale Geltung hat, so ist es auch zeitlich unbegrenzt und das heißt: ewig. Darum heißt es auch, dass der Engel „ein ewiges Evangelium zu verkündigen“ hat. Dieses Evangelium aber ist fest gegründet in Gottes Wort. Darum trägt der Posaunenengel die geöffnete Bibel in der Hand, aus der das ewige Evangelium den Menschen in der ganzen Welt verkündigt werden soll.

Auch der Posaunenchor, der den Einweihungsgottesdienst festlich gestaltet, soll durch die Posaune des Engels daran erinnert werden, dass er einen Verkündigungsauftrag hat, den er mit seinem Bläserdienst wahrnimmt. Alle Menschen, die auf Erden wohnen, alle Nationen, Stämme, Sprachen und Völker sollen das ewige Evangelium, das uns der Engel aus der Bibel, dem Wort Gottes, zu verkündigen hat, hören. Denn nur wenn alle Menschen auf der Welt die Frohe Botschaft unseres Herrn und Heilands Jesus Christus hören, kann die Liebe den Hass in dieser Welt besiegen.

Das ewige Evangelium heißt nichts anderes als dieses eine: die göttliche Liebe besiegt auf ewig den menschlichen Hass. Wo Liebe ist, da ist auch Gott. Wo der wahre Gott der Liebe jedoch aus den Herzen der Menschen verbannt wird, da zieht der Gott des Hasses ein und das heißt für die Menschen: Elend, Not und Tod.

Darum lautet die Botschaft des Engels und sein ewiges Evangelium, das allen Menschen ein für allemal gilt: „Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ (1. Joh. 4,16b).

Pfarrer i. R. Hans-Ulrich Rosocha