Über den Tellerrand schauen! Teil14

Johannes Calvin


Neben Martin Luther, nach dem unsere evangelische Kirche in Rheindahlen benannt ist, gibt es noch viele andere Reformatoren.

Foto: epd bild Zum 450. Todestag des Genfer Reformators Johannes Calvin Ein Erneuerer des Christentums

Einer von ihnen ist Johannes Calvin. Er wurde am 10. Juli 1509 in Noyon, Picardie im Norden Frankreichs geboren und starb am 27. Mai 1564 in Genf, also in der Schweiz.

Als Reformator fand er vor allem in Frankreich viele Anhänger, aber auch in der französischsprachigen Westschweiz, in Schottland und in den Niederlanden. Calvins Lehre unterschied sich stark von Luthers Anschauungen.

Einig waren sich Luther und Calvin, dass nur Gott allein heilig sei. Deshalb sind alle menschlichen Dinge, religiöse Rituale und Kulte bedeutungslos oder versperren eher den Blick auf die eigentliche Heiligkeit Gottes. 

In der Zeit der Reformation entstanden so die „vier soli“:

  1. „Sola scriptura“ nur die heilige Schrift, die Bibel ist die Grundlage des Glaubens
  2. „Sola Christus“ nur Christus ist die höchste Autorität und kein Mensch.
  3. „Sola Gratia“ nur durch die Gnade (Gottes) kann der Mensch errettet werden und nicht durch sein eigenes Handeln. 
  4. „Sola fide“ nur der Glaube des Menschen zählt, nicht seine Werke.

Diese vier Punkte sind in allen evangelischen Kirchen bedeutsam, jedoch haben die verschiedenen Reformatoren weitere Lehren hinzugefügt oder aus diesen Punkten andere Lehren abgeleitet. 

Die von Calvin geprägten Strömungen zeichnen sich dabei durch eine große Strenge aus. Ein besonderes Merkmal ist bei ihm die „Prädestinationslehre“. 

Calvin glaubte an die Vorherbestimmung (Prädestination) des Menschen, entweder zu Seligkeit oder zu Verdammnis. Am Erfolg auf Erden zeigt sich demnach, wer zu den von Gott Erwählten gehört. 

Dies war dann für die Gläubigen der Ansporn, weltlichen Erfolg zu haben und förderte dadurch auch die Wirtschaft.

Infografik: epd bild

Seligkeit war nach Calvin aber auch nur durch strengen Glauben zu erreichen. Darum herrschte strenge Kirchenzucht in den calvinistischen Gemeinden. Das bedeutet, dass die Gemeinde ihre Mitglieder bestrafen konnte, wenn sie sich falsch verhielten. Sie konnten abgemahnt werden oder auch ihre kirchlichen Rechte, zum Beispiel am Abendmahl teilzunehmen, verlieren. Es wurde also  ein frommes und sittenstrenges Leben erwartet. Tanz und Vergnügen waren verboten und das nicht nur in der Fastenzeit. Im Alltag calvinistisch geprägter Gemeinden spielt „Askese“ eine bedeutende Rolle. 

Mir fällt aus, als typisch evangelisch wird oft die „Freiheit“ genannt, für die Luther sich aussprach. Er meinte damit, dass ein Mensch frei von Sünden wird – allein durch seinen Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Herrn Jesus Christus. 

Doch Luthers Begriff der „Freiheit“ wird oft missverstanden. Viele Menschen verstehen ihn eher als „alles ist erlaubt“ und „ich kann machen, was ich will“.

Calvins eher askestisches Denken und Handeln ist einerseits dagegen sehr begrenzend, zeigt aber andererseits die Achtung und Ehrfurcht vor dem Glauben.

Ich denke, wir sollten heutzutage alle mal wieder ein bisschen mehr Ehrerbietung den Religionen und Konfessionen gegenüber aufbringen, damit die alles erlaubende Freiheit und die strenge Askese in Balance zueinander geraten. Wir erleben es doch immer wieder: Extreme sind niemals gut weder in der Religion noch in der Politik.

Lange Zeit haben auch die Lutheraner und Reformierten miteinander gestritten, welcher Weg der richtige ist, bis es dann mal zu einer „Union“ kam, bzw. es dann drei Konfessionen gab:   Lutheraner, Reformierte und Unierte. 

Und heute? Heute kann eine unierte Pfarrerin den reformierten Heidelberger Katechechismus in einer Kirche lehren die den Namen Martin Luther trägt und den Menschen sagen: Nur Gott allein ist heilig.

Ihre Pfarrerin


Foto: epd-bild Nachdruck einer Radierung des Reformator Johannes Calvin von Fr. Müller