Über den Tellerrand schauen! Teil6

Fronleichnam

Für viele römisch-katholische Christen ist Fronleichnam einer der Höhepunkte im Kirchenjahr. Seine Beliebtheit verdankt dieser Festtag vor allem der reich geschmückten Prozession, bei der die Elemente der Eucharistie durch die Straßen getragen werden. 1277 ist eine solche Prozession in Köln bezeugt.

Der Name Fronleichnam stammt von fron für Herr und lichnam für Leib, und weist somit auf die Elemente der Eucharistie hin. Das Fest wird am zweiten Donnerstag nach Pfingsten, also 10 Tage nach Pfingsten, gefeiert.

Fronleichnam ist – zumindest gemessen an kirchlichen Maßstäben –ein eher junges Fest: Das Hochfest des Leibes und Blutes Christi geht auf eine Vision der niederländischen Nonne Juliana von Mont Cornillon (auch bekannt als Juliane von Lüttich 1193 – 1258 ) in der Diözese Lüttich (Liège) zurück, die sie 1209 erlebte.

In Visionen sah sie immer wieder einen Mond, auf dem ein dunkler Fleck zu sehen war – wie Jesus ihr in einer Vision mitteilte, sei im Mond die Kirche dargestellt, der Fleck aber verweise auf ein bislang nicht gefeiertes Fest: Das Fest der Einsetzung der Eucharistie.

Zur Zeit der Juliane von Lüttich entstand im dortigen Bistum eine Bewegung, die in Abgrenzung zu verschiedenen eucharistischen Irrlehren eine gesteigerte Verehrung der Eucharistie begründen wollte.

1264 schrieb der Papst das Fest verpflichtend vor, gleichwohl dauerte es mehrere Jahrzehnte, bis sich die Fronleichnamsfeier in der gesamten römisch-katholischen Kirche durchsetzen konnte.

Relativ schnell verbreitete sich auch der Brauch der Fronleichnamsprozessionen. Bis heute macht vor allem diese Prozession das Hochfest bekannt: Blumenteppiche und feierlich geschmückte Altäre, Himmel, unter denen das Allerheiligste getragen wird, Bäume am Straßenrand, Heiligenfiguren und Fahnen – von Region zu Region kann sich die Ausgestaltung der Prozession unterscheiden. Gemeinsam ist den Feiern meist eine große Feierlichkeit. Im Lauf der Geschichte standen dabei immer wieder unterschiedliche Akzente des Hochfestes im Vordergrund: In den ersten Jahren des Festes, aber auch zur Zeit der Reformation, war mit Fronleichnam immer auch die theologische Frage nach dem Wesen der Eucharistie verbunden. Die Menschen fragten in diesen Zeiten ganz besonders danach, wie Jesus unter den Zeichen von Brot und Wein wirklich gegenwärtig sein kann – und so stand die theologische Deutung im Vordergrund des Festes.

Foto: epd/GB

Später rückten andere Motive in den Vordergrund des Festes: Gerade die Prozession wurde zu einer Demonstration des katholischen Glaubens ausgebaut. Die Katholiken bekannten ihren Glauben öffentlich auf den Straßen ihrer Städte und Dörfer.

Heute kann das Fronleichnamsfest eine gute Möglichkeit sein, sich mit dem eigenen Glauben auseinanderzusetzen: Was bedeutet die Gegenwart Jesu Christi im Sakrament, aber auch in meinem eigenen Leben, im eigenen Alltag? Wo begegnen wir heute Gott? Schaffen wir es, unser Bekenntnis zu Gott aus der Kirche zu allen Menschen hinauszubringen – auch im Alltag?

Das sind Fragen, die sich nicht nur katholische sondern auch evangelische Christen stellen sollten.

In diesem Sinne.
Ihre Pfarrerin


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Lesen Sie in Teil 3 unserer Serie „Über den Tellerrand schauen“ mehr über den Aschermittwoch.

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